Stadiongeschichte
Die Heimspielstätte der Stuttgarter Kickers - das "GaZI-Stadion auf der Waldau" - ist eine der traditionsreichsten Spielstätten Deutschlands. Das ehemalige Waldau-Stadion (oder auch Kickers-Stadion, Kickers-Platz) gilt als ältestes Stadion Deutschlands. Das älteste aktuelle Profi-Fußballstadion wurde am 18. Juni 1905 mit einem Wettspiel gegen Phönix Karlsruhe (3:3) als erster geschlossener Sportplatz Stuttgarts unter der Bezeichnung Kickerssportplatz eröffnet. Gespielt hatten die Blauen dort vorher schon, ab 01. Januar 1904 pachteten die Blauen "die auf dem Exerzierplatz in Degerloch auf der linken Seite befindlichen Äcker". Der Kickers-Platz umfasste damals einen Zaun um das Spielfeld und ein Podium für prominente Gäste und Gönner sowie einen Nebenplatz.
Die Eröffnung des Kickersplatzes 1905 | Die erste Tribüne aus dem Jahr 1910 |
Bereits ein Jahr später wurde eine kleine Holztribüne für 100 Personen eingeweiht. Am 30. Oktober 1910 wurde eine neue Tribüne mit einem Spiel gegen die Sportfreunde Stuttgart eingeweiht. Die Tribüne verfügte über 140 nummerierte und 450 unnummerierte Sitze. 1911 geht der ehemalige Kickersplatz II in Besitz des FV Schwaben Stuttgarts, der heutigen Stuttgarter Eintracht (heute Eintrachtplatz). 1926 verfügt die Stadt Stuttgart die Rückgabe des Geländes an die Kickers. Das Sahnestück folgte im Jahr 1913 nach Plänen von Feuchtlinger: Eine originalgetreue 1:3 Kopie der Tribüne von Arsenal London (siehe Bild rechts).
Am 26. März 1911 wurde der Kickers-Platz Zeuge des Länderspiel Deutschland - Schweiz. Vor 8.000 Zuschauer siegte Deutschland sensationell deutlich mit 6:2 Toren. In der Presse wird größtenteil vom "Degerloch-Stadion" geschrieben. Mit Paul Kühnle stand ein Kickers-Mann in der Startelf. Und was kaum einer noch weiß: Es war das erste Länderspiel Deutschlands in Stuttgart!
Die alte Holztribüne fasste 700 Personen und bestand bis zum 13. Juni 1975. Der DFB verlangte damals den Abriss der maroden Tribüne unter Androhung der Lizenzentziehung. Die Kickers reagierten und errichteten unter Anleitung von Karl Stegmayer eine neue Haupttribüne (siehe Bild unten) - am 25. Oktober 1975 wurde diese eingeweiht. Innerhalb von lediglich drei Monaten! - erst am 13. Juni 1975 wurde die alte Tribüne abgerissen.
Im ersten Weltkrieg wurde das Stadion durch die Stadtverwaltung zum Anbau von landwirtschaftlichen Erzeugnissen genutzt. Erst am 19. Juli 1919 wurde das Stadion wieder freigegeben und die Kickers konnten durch Erdrampen rund um das Stadion eine Kapazität für 15.000 Zuschauer schaffen. Die Stehplätze zu beiden Seiten der Haupttribüne wurden überdacht, unter der Haupttribüne entstanden Umkleidekabinen, Wasch- und Duschraum. Eine 110 Meter lange Aschenbahn wurde angelegt, eine Kantine, Kassenhäuser. Durch die starke Inanspruchnahme durch diverse Vereine musste das Stadion 1923 komplett saniert werden. Im Jahre 1928 wollen die Kickers das Stadion weiter ausbauen. Hinter den Stehplätzen sollen weitere 1700 überdachte Sitzplätze entstehen.
Am 23. November 1937 meldet der Kicker: "Die Stuttgarter Kickers planen, ihren bekannten Sportplatz in Degerloch umzubauen. Um den Rasen soll, der Bedeutung der großen Leichtathletik-Abteilung entsprechend, eine moderne Aschenbahn gezogen werden, was den vollständigen Umbau des Platzes nötigt machen wird. Es ist projektiert, die Spielfläche nach Richtung Eintracht-Platz zu verlegen und die Tribüne auf der Seite des Sportfreunde-Platzes zu erstellen, so daß der Platz eine Drehung von 45 Grad erhalten würde."
Im Juli 1939 entsteht die Idee, auf der Waldau eine Groß-Sportanlage zu erstellen. Hierfür müssten der SV Eintracht zusammen mit dem FV Germania, SV Spartania, Sportvereinigung Stuttgart und dem Sportverein 1907 ihre Platzanlagen abgeben. Der Krieg hat dann die Durchführung dieser Maßnahme verhindert. [1]
Im Jahre 1951 errichtete der Verein eine Stahlrohr-Tribüne mit 2.000 offenen Sitzplätzen. Der Preis für einen dieser Plätze kostete damals 2 DM.
Nachdem 1952 mit dem Bau des Stuttgarter Fernsehturms begonnen wurde, mussten die Kickers weite Teile des damaligen Vereinsgeländes abgeben. Am 01. Juli 1988 ging das Kickers-Stadion in städtischen Besitz über und trug seitdem den offizielle Namen "Waldau-Stadion". Erst am 30. April 1989 endete dann die Heimatlosigkeit der Blauen: Mit dem ehemaligen Universitäts-Stadion bekamen die Kickers eine neues Vereinsgelände, den heutigen ADM-Sportpark. Das alte neben dem Stadion gelegene Vereinsheim wird abgerissen.
In den Jahren 1981/82 baute die Stadt das Stadion erstmalig aus. Für 3,3 Mio. Mark wird die Kapazität auf 15.000 Plätze ausgebaut. Hierzu wird die alte Gegentribüne abgerissen und am 25. Juli 1982 die neue Gegengerade (Bilder unter diesem Link) mit einem Freundschaftsspiel gegen den Karlsruher SC (3:2) eingeweiht. Auch die Hintertorstehwälle werden abgetragen und durch Holzstehtribünen ersetzt.
Mit zunehmenden Alter wurde das Stadion baufälliger. 1997 sperrte der DFB die alten Hintertortribünen und verlangte zur Erhaltung der Lizenz eine Flutlichtanlage. Die Stadt nahm dies zum Anlass für eine General-Sanierung für 5,0 Mio Mark (die Kickers müssen jährlich 300 000 DM zurückbezahlen). Ab Ende 1997 wurde die alte Stahlrohrtribüne neben der Haupttribüne, die alte Hintertor-Holztribüne und der Erdwall Richtung Fernsehturm abgetragen und die Gegentribüne komplett überdacht. Hinter den Toren entstanden neue Stehränge für jeweils zirka 2.500 Zuschauer, neben der Haupttribüne entstand das Gastro-Zelt und am 12. Dezember 1997 fand mit dem Spiel gegen den SC Freiburg (0:1) zum ersten mal ein Flutlichtspiel im Waldau-Stadion statt. Die offizielle Schlüsselübergabe und Stadioneinweihung inklusive Nichtabstiegspartie wurde dann am 23. Mai 1998 gegen Energie Cottbus (1:0) gefeiert.
Außerdem wurde gleichzeitig die neue U-Bahn-Linie 7 weitergebaut. Vom Hauptbahnhof fahren die Zuschauer nun innerhalb von zehn Minuten bis zur Haltestelle Waldau bis fast vors Stadion. Den vorerst letzten Umbau erlebte das Stadion im Sommer 2000. Da der Platz ein Gefälle von guten zwei Metern aufwies, wurde der Rasen für 1,2 Mio. Mark angeglichen, vor der Haupttribüne erhöht, vor der Gegengeraden herabgesetzt (Bilder unter diesem Link) und bei der Gelegenheit auch gleich die sanitären Anlagen renoviert. Am 21. Juli 2000 wurde das renovierte Stadion mit dem U18-Länderspiel zwischen Deutschland und Kroatien eingeweiht.
Seit dem 22. April 2004 trägt das Stadion offiziell den Titel "GAZi-Stadion auf der Waldau". Die Stuttgarter Kickers standen kurz vor der Insolvenz, der damalige Hauptsponsor GAZi (Dr. Garcia) kaufte daher die Namensrechte des Waldau-Stadions und zahlte dafür jeweils 500 000 Euro an die Stadt Stuttgart und an die Kickers. Diese sollten der jährlich zu zahlende Refinanzierungsbetrag der Kickers (300 000 DM im Jahr) beglichen werden. Die Namensrechte wurden für vorerst 10 Jahre verkauft.
Ursprünglich sollte zur Fußball-WM 2006 eine erneuter Umbau des Stadions erfolgen. Da die Kickers aber drittklassig ohne Aussicht auf eine Rückkehr in den Profifußball herumdümpelten, sah die Stadt Stuttgart keine Gründe für eine erneute Investition in das Stadion. Im Zuge der Regionalligareform 2008 und der Einführung der 3. Liga müssen weitere Baumaßnahmen durch die Stadt ausgeführt werden. Neben einer größeren Haupttribüne mit Hartplastikschalensitzen wird eine Kapazität von 15.000 Plätzen gefordert. Daher ersetzte die Stadt Stuttgart zwischen dem 09. und 18. Juli 2008 für insgesamt 230.000 Euro die Holzsitzbänke auf der Haupttribüne durch Hartplastikschalensitze (Bilder unter diesem Link), womit die Kapazität der Sitzplätze auf tausend reduziert wurde. Außerdem wurden für 70.000 Euro zwei Arrestzellen, Vernehmungszellen, eine Videoüberwachungsanlage sowie ein Büro für die Einsatzleitung der Polizei inklusive Aufenthaltsräume für die Einsatzhundertschaften errichtet. Bis zur Saison 2009/10 sollte das Stadion für zirka fünf Millionen Euro drittligatauglich gemacht werden. Unter anderem sollte die Haupttribüne (im Bild unten links) auf die komplette Spielfeldlänge erweitert werden, nach dem Abstieg in die Regionalliga, wurde der Umbau von der Stadt Stuttgart abgelehnt.
Ab der Saison 2006/07 fasst das Gazi-Stadion auf der Waldau 1.375 überdachte Sitzplätze auf der Haupttribüne, 5.264 überdachte Stehplätze auf der Gegentribüne sowie 4.055 Stehplätze auf den Hintertribünen und 822 teilweise überdachten Stehplätzen unterhalb der Haupttribüne. Was insgesamt eine Gesamtkapazität von 11.516 Zuschauern betrug.
Neben Fußball und seit den 90er Jahren American Football wird und wurde das Gazi-Stadion auf der Waldau auch für andere Zwecke genutzt. So fand hier am 06. Oktober 2007 das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft im American Football oder 2001 das Musikfestival "MTV HipHop Open" statt. Vom 29. bis 31. August 1947 wurde im zerbombten Stuttgart der 1. Sozialistische Jugendtag ausgetragen. Bei der Eröffnung auf der Kickers-Kampfbahn in Degerloch sprachen Paul Löbe (SPD, Ex-Reichstagspräsident) und Erich Ollenhauer (SPD). Ihre Losung: "Friede, Freiheit, Sozialismus".
Seit der Einführung der 3. Liga zur Saison 2008/09 trägt der VfB Stuttgart II seine Heimspiele ebenfalls in Degerloch aus. Da der DFB für die 3. Liga mindestens 2.000 überdachte Sitzplätze vorschreibt, erhielten die Kickers aufgrund ihrer 1.375 Sitzplätze eine Ausnahmegenehmigung. Da die Stadt Stuttgart einem Umbau vorerst nicht zustimmte, sorgte dies für Proteste seitens der Anhänger der Kickers.
Mit dem Abstieg im Folgejahr in die Regionalliga Süd, war ein Stadionumbau vorerst kein Thema mehr, da die Anzahl der Sitzplätze für die Regionalliga ausreichte.
Nach dem Aufstieg ein Jahr zuvor, stimmte die Stadt Stuttgart 2013 dem Bau einer neuen Haupttribüne zu. Am 19. Mai 2014 begannen die Abrissarbeiten der fast 40 Jahre alten Haupttribüne. Da das Stadion während des Umbaus nicht für den Spielbetrieb in der 3. Liga zulässig war, mussten die Stuttgarter Kickers in der Saison 2014/15 ihre Heimspiele im Stadion an der Kreuzeiche in Reutlingen austragen.
Mit dem Heimspiel am 21. Februar 2015 gegen Arminia Bielefeld wurde die neue Haupttribüne, die über 2.271 Sitzplätze verfügt, eingeweiht. Zusätzlich wurde im Zuge des Umbaus eine Rasenheizung installiert. Zudem wurde das Spielfeld in der Breite vergrößert und dadurch an die FIFA Normen angepasst. Insgesamt kostete der Umbau 14,6 Millionen Euro. Die Gesamtkapazität beträgt nun 11.468 Plätze.
Zur Saison 2015/16 erbauten die Kickers aus eigener Kasse eine digitale Anzeigetafel, die allerdings aus Kostengründen ein Jahr später in den Besitz der Stadt Stuttgart überging. Im Juli 2016 wurde die Gegentribüne wegen Pilzbefall am Dach gesperrt und das Dach anschließend abgerissen.
Nach dem Umbau 1998 | Und das Stadion während eines Flutlichtspiels |
Länderspiele im Stadion der Kickers
Datum | Begegnung | Ergebnis | Zuschauer |
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26.03.1911 | Deutsches Reich - Schweiz | 6:2 | 8.000 |
20.04.2007 | Kroatien U18 - Deutschland U181 | 2:3 | 8.000 |
20.04.2007 | Deutschland U15 - Schweiz U15 | 4:1 | 12.000 |
06.10.2015 | Deutschland U19 - USA U19 | 8:1 | 1.056 |
12.10.2015 | USA U19 - Mexiko U19 | 3:3 | 800 |
17.07.2016 | Italien U19 - Portugal U192 | 1:1 | 5.270 |
28.03.2017 | Deutschland U21 - Portugal U21 | 0:1 | 6.865 |